Lebenssinn im Alter

Die Frage nach dem Zweck der Existenz wird immer drängender

Einer Studie zufolge stellen sich über 60 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung die Frage nach dem Sinn des Lebens. Warum bin ich hier? Was ist der Zweck meines Daseins? Ich denke, je älter der Mensch wird, desto mehr rückt diese Frage in den Fokus. Ich habe mir diese Frage schon vor recht langer Zeit das erste Mal gestellt. Seitdem stelle ich sie mir immer wieder. Und immer öfter. Nun bin ich seit einiger Zeit glücklicher (Un-)Ruheständler. Jetzt wurde die Frage nach dem Sinn des Lebens zur Frage nach dem Lebenssinn im Alter. Und diese Frage beschäftigt mich jetzt mehr denn je.

Vielleicht ergeht es dir auch so. Für viele junge Menschen, die „voll im Saft stehen“, wie der Volksmund so schön sagt, ist der Lebenssinn scheinbar vorgezeichnet. Die Arbeit hat einen im Würgegriff, die Familie fordert ihren Tribut. Und ein bisschen Vergnügen und Freizeit möchte man ja auch noch haben. Nach einem anstrengenden Tag fällt man müde ins Bett. Der Sinn des Lebens? Na ja, ist doch klar. Arbeiten und Geld verdienen, um sich und die Familie ernähren zu können. Die Kinder versorgen und großziehen. Gedanken an den Sinn des Lebens spielen in dieser Lebensphase vielleicht nicht die ganz große Bedeutung. Man ist froh, über die Runden zu kommen und das Leben einigermaßen im Griff zu haben.

Aber plötzlich ist er da. Der erste Tag im wohlverdienten Ruhestand. Du hast dich zwar darauf vorbereitet. Schließlich stand dieser Tag schon lange fest. Und trotzdem überfällt er dich wie der Dieb in der Nacht. Plötzlich bricht einiges weg. Du brauchst nicht mehr zu arbeiten. Die Kinder sind aus dem Haus. Und für den Haushalt brauchst du auch nicht den ganzen Tag. Besonders schwer tun sich Menschen, für die der Job ihr Lebensinhalt war. Für die Arbeit ihre Berufung war und darin ihren ganzen Lebenssinn sahen. Und Frauen, deren Hauptaufgabe die Erziehung der Kinder war. Oft noch neben einem anstrengenden Beruf. Der Sinn des Lebens? Futsch! In ungünstigsten Fall lässt du dich einfach gehen und lebt plan- und ziellos in den Tag hinein. Ist ja auch recht nett, nur noch zu lesen, spazieren zu gehen und fernzusehen. Aber ist das genug für die nächsten Jahre, vielleicht Jahrzehnte? Im günstigsten Fall suchst du dir einen neuen Lebensinhalt. Oft ist es auch irgendetwas dazwischen.

Plötzlich Renter(in). Was nun?

Und doch: Es gibt ihn, den Sinn des Lebens im Alter. Manche Menschen finden ihn überhaupt erst im Ruhestand. Acht Stunden am Tag, fünf Tage in der Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr, zwanzig, dreißig oder vierzig Jahre immer im gleichen Unternehmen, im gleichen Büro mit den selben Kolleginnen und Kollegen irgendeine Arbeit zu verrichten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist das Los vieler. Mir selbst schien es – jetzt im Rückspiegel betrachtet – relativ sinnfrei. Sicher, ich habe als kleines Rädchen im großen Getriebe eines IT-Unternehmens meinen bescheidenen Beitrag geleistet. Aber was soll ich jetzt tun, nach dem das alles wegfällt? Als aktiver Rentner, der sich noch lange nicht zum alten Eisen zählt?

Ich habe einmal gelesen, dass erstens alles, was einem/einer Freude bereitet, dem Leben Sinn verleiht. Und dass zweitens der wahre Lebenssinn im Dienen liegt, im Dasein für andere. Ersteres kann ich nicht uneingeschränkt unterschreiben, zweiteres schon. Wäre alles sinnvoll im Leben, was Freude macht, wären selbst die Taten eines Jack the Ripper sinnvoll. Sicher hatte er seine sadistische Freude daran, den Frauen im Londoner Elendsviertel White Chapel auf perverse Art zu ermorden. Und auch die Mörder der Hamas hatten wohl einen „Mordsspaß“, als sie einem ein paar Monate alten Baby in den Kopf schossen, Kindern die Köpfe abschnitten und einer schwangeren Frau das ungeborene Baby aus dem Leib schnitten.

Sinn oder Unsinn – das ist hier die Frage

Man muss die Aussage, dass alles Sinn ergibt, was einem/einer persönlich Freude bereitet, etwa relativieren. Wie wäre es damit: „Alles, was einem/einer Freude bereitet, ohne anderen Menschen zu schaden, verleiht dem Leben Sinn.“ Keine Frage: Den größten Lebenssinn im Alter hast du, wenn du dich uneigennützig für andere einsetzt. Für die Natur, die Umwelt, andere Menschen oder Tiere. Macht es Sinn, vierzehn Tage Urlaub in den Bergen zu verbringen, wenn ich gerne Bergwanderungen unternehme? Natürlich! Es macht mir Freude und ich schädige dadurch nichts und niemanden. Vorausgesetzt, ich nehme meinen ganzen Unrat wieder mit und verlasse die Bergwelt so, wie ich sie vorgefunden habe. Macht es Sinn, wenn ich einmal pro Woche ehrenamtlich in einem Kindergarten mitmache und die Kinder bespaße? Aber sicher doch. Ich tue etwas für die Kleinen und entlaste die Erzieher und Erzieherinnen der Kita. Ein Ehrenamt wird nicht mit Geld, sondern mit Lebenssinn vergütet. Es geht aber noch besser: Der Lebenssinn im Alter erschließt sich dir dann, wenn du etwas tun kannst, was du schon immer tu wolltest, bisher aber keine Zeit dazu hattest und du damit obendrein noch etwas für andere tust. Ich beschäftige mich leidenschaftlich gerne mit Computern und dem Internet und liebe Tiere. Eine privat geführte Einrichtung für Tiere (eine Art privater Tiergarten) in meiner Gegend sucht ständig ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Die mit den Hunden Gassi gehen. Die den Tierpaten mit dem eigenen PKW das Tierfutter vorbeifahren oder selbst Tierpate werden. Oder die sich um die Pflege der vereinseigenen Webseite kümmern. Als ich auf diese Einrichtung aufmerksam wurde, hat es bei mir sofort geklingelt. Ich beschäftige mich wie gesagt gerne mit Computern und Internet und liebe Tiere. Und dieser Verein sucht jemanden, der die Webseite pflegt. Da brauchte ich nur eins und eins zusammenzählen. Ich werde damit kein Geld verdienen. Aber ich bin mir sicher, es wird unglaublich Spaß machen. Mehr Sinn geht nicht. Ich werde demnächst Kontakt mit der Betreiberin dieses Vereins aufnehmen.

Dem geistigen Verfall ein Schnippchen schlagen

Und außerdem verzögert Lebenssinn im Alter den geistigen Verfall. Wissenschaftler der Rush University in Chicago haben älteren Menschen zehn Fragen gestellt. Sie wollten wissen, wie sinnhaft diese Menschen ihr Leben sahen. Sie wollten zum Beispiel wissen,

  • ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie noch Zukunftspläne haben.
  • Ob sie sich noch Ziele setzen oder aber das Setzen und Erreichen von Zielen nur Zeitverschwendung für sie ist.
  • Ob sie das, was sie tagtäglich tun, für Zeitverschwendung halten oder ob das bedeutsam für sie ist.

Jede Frage wurde mit maximal fünf Punkten bewertet. Je höher die Gesamtpunktzahl, desto höher der Lebenssinn. Das Ergebnis: Bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ließ sich der pathologische Prozess des körperlichen und kognitiven Zerfalls natürlich nicht aufhalten. Aber die geistigen Fähigkeiten waren bei denjenigen bis zum Ende ihres Lebens viel besser, die noch einen Sinn in ihrem Leben sahen. Außerdem waren diese Menschen sozial aktiver, glücklicher und zufriedener als jene, die ihr Leben im Alter als sinnlos empfanden.

Ikigai – gesund und glücklich hundert werden

Und noch etwas. Es gibt auf der japanischen Insel Okinawa ein Dorf namens Ogimi mit etwa 3.000 Einwohnern. Es ist das Dorf mit der höchsten Lebenserwartung der ganzen Welt. Deshalb wird es auch als „das Dorf der Hundertjährigen“ bezeichnet. Nachforschungen haben ergeben, dass dieses hohe Durchschnittsalter neben einer gesunden Ernährung und Lebensweise auf das „Ikigai“ zurückzuführen ist. Der japanische Begriff Ikigai steht für ein Konzept im Hinblick auf Dinge, die dem Leben Sinn und Freude verliehen. In Japan gibt es den Begriff des Rentners praktisch nicht, so wie wir ihn verstehen. Zwar gehen auch die Japanerinnen und Japaner in Rente. Aber sie verfolgen auch nach ihrem Berufsleben ein Lebensziel, sehen also einen Sinn in ihrem Leben. Offenbar ist es also eine Kombination aus gesunder Ernährung, ausgewogener Bewegung, wenig Stress und ein Leben voll Sinnhaftigkeit und Freude, dass sie so alt werden.

Was machst du von Herzen gerne? Wofür brennst du? Was treibt dich auch noch im Rentenalter aus dem Bett? Ja, es gibt ihn, den Sinn des Lebens im Alter.

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